#eye #eye
[book / sound piece]

Climbing Monuments
by Romy Rüegger







Language is Skin, Scripts for Performances
(Archive Books, 2018)

Die Publikation, in der dieser Text „Climbing Monuments“ auf Englisch erschienen ist, blieb wegen der neuen Lungenkrankheit in einem Materiallager in Mailand hängen. Drei Wochen von Male-Streamings und Broadcasts später. Die Frage danach, wer unsere patriarchale Gesellschaft und ihre modernen Selbstbilder im weissen hält, aktualisiert sich mit der Lungenkrankheit gerade von selbst. Die Verbindung zwischen weissen Narrativen und Pflege lässt sich diese Tage in aller Deutlichkeit besprechen, auch als gegendertes Verhältnis zwischen scheinbarer Überlegenheit und Sorge, die die Selbstüberschätzung wieder auffängt. Der digitale Raum, der den sozialen Raum abgesehen davon seither mehrheitlich ersetzt hat, wiederholt, was ich dachte, wäre in jenem Museum im Tessin als Zeugnis einer gewalttätigen und auf Ausschluss basierenden Gesellschaft und ihren Selbsterzählungen für immer gebannt. Die ungebrochenen Figuren der Überblickenden, Vorausschauenden, Wissenden, Gelehrten, um die Figur des (Kriegs-)führenden herum.

Das Web und die sozialen Netzwerke, lassen in mir Wünsche hochkommen, wie sie in den Büchern der 60er und 70er Jahre, die Teils auch bei inter:archive zu finden sind, formuliert sind: jenen nach separatistischen Räumen, gerade im Digitalen, nach Räumen, wo Sicht- und Hörbarkeit anhand anderen Figuren, als die der männlichen, weissen und patriarchalen Verkörperungen des Nationalstaats des 19. Jahrhunderts zustande kommen. Langsam ent-freunde, ent-abonniere ich. Wie mein Netzwerk kleiner, leichter wird, treten diese anderen Beiträge hervor. Und selbst die, die vermutlich weil das Netz tatsächlich noch immer sehr gegendert ist, sich dort gar nicht erst aufhalten,  höre ich wieder. Ich habe sie schon alle vermisst.


Text von Romy Rüegger

April 2020





Climbing Monuments – Audiospur, 28 minuten.
Stimmen: Daniela Bertini, Lila Lisi, Anna Schlossbauer.
Performance mit Flora Vannini, Museo Vincenzo Vela in Ligornetto, auf Einladung und im Dialog mit der Ausstellung von Pascal Schwaighofer 2016.
Magnesia: Maria Guggenbichler. Furia by the Fates: OOOR Records.
Englische Übersetzung Katja Schwaller und Spencer Rangitsch.
Veröffentlicht in: Romy Rüegger, Language is Skin – Scripts for Performances, Archive Books 2018



Romy Rüegger ist Künstlerin und Autorin. Ihre Performances, Audio Installationen und Choreographierten Räume interessieren sich für das Verhältnis zwischen Sprache, verkörpertem Wissen und den Technopolitiken, die darin involviert sind.